Ist die "Sache" VOB/B für Sie im Alltagsgeschäft einsetzbar oder nur ein „interessantes“ Beiwerk?
Nachfolgendes Praxisbeispiel soll diese Frage beleuchten:
Ein Auftraggeber vereinbarte mit einem Auftragnehmer einen Vertrag zur Umsetzung eines
Bauvorhabens. Als Grundlage galt die VOB/B in der aktuellen Fassung.
Vertragsinhalt waren Installationsarbeiten in einem gewissen Zeitfenster. Dieses Zeitfenster
war vorgegeben vom 01.07.2018 bis 28.09.2018. Grundlage und Vertragsbestandteil war
die rechtzeitige Bereitstellung der Ausführungsunterlagen vor dem Baubeginn durch einen
Fachplaner des Auftraggebers.
Der Auftragnehmer konnte nicht innerhalb des vereinbarten Zeitraumes mit den Arbeiten
beginnen, da ihm erst am 23.08.2018 die Ausführungsunterlagen nachweisbar vom Fachplaner
übergeben wurden. Trotzdem hatte der Auftraggeber dem Auftragnehmer am 25.08.2018
den Vertrag gekündigt. Er beauftragte daraufhin eine andere Firma mit der Ausführung der
Arbeiten und stellte die Mehrkosten in Höhe von ca. 12.000 EUR dem ehemaligen
Auftragnehmer in Rechnung.
Musste der Auftragnehmer zahlen?
Endergebnis nach Durchsicht des Bauvertrages, der Ausführungsunterlagen, der Bauunterlagen
und Anwendung der VOB Teil B:
Der Auftragnehmer musste nicht zahlen, denn im Bauvertrag war eindeutig festgehalten, dass
er vor Beginn der Arbeiten die Ausführungsunterlagen vom Fachplaner des Auftraggebers
bekommt. Laut VOB/B ist dazu festgelegt, wenn nichts anderes im Bauvertrag vereinbart
wurde, dass die für die Ausführung notwendigen Unterlagen unentgeltlich und rechtzeitig zu
übergeben sind. Die Verzögerung der Umsetzung der Arbeiten wurde damit vom
Auftraggeber (Fachplaner des Auftraggebers) verursacht und nicht vom Auftragnehmer.
Deshalb war der Bauvertrag vom Auftraggeber nicht zu kündigen.
Der Auftragnehmer hatte allerdings nicht die fehlenden Ausführungsunterlagen beim Auftraggeber
angezeigt z.B. mittels Behinderungsanzeige. Dies hatte den Nachteil, dass er keine eigenen Rechte
z.B. in Form von Schadensersatz geltend machen konnte. In diesem Fall kam dem Auftragnehmer
zugute, dass die Ursache der Verzögerung allein im Bereich der Bereitstellung der
Ausführungsunterlagen und damit des Auftraggebers lag.
Die Behinderungsanzeige kam zwar hier nicht zum Tragen doch hätte diese den Auftragnehmer
rechtlich besser abgesichert und in Sachen Schadensersatz eine Grundlage gebildet.
Ein "richtig eingesetztes" Blatt Papier kann soviel bewirken!
Hätten Sie das gewusst?
Wie Sie sehen, mit Wissen des Auftragnehmers vermeidet er Schaden, vor allem für sich
selbst! Und bitte berücksichtigen Sie, dass der Auftragnehmer die gesamte Firma ist!
18.03.2019